Einleitung
Carve-outs gehören zu den anspruchsvollsten Disziplinen im M&A. Sie sind aber auch einer der stärksten Werttreiber – insbesondere für Private-Equity-Investoren, die gezielt auf Exit-Readiness hinarbeiten. Aus meiner Erfahrung als Christoph Jores, Interim Manager M&A, entscheidet die Qualität der Vorbereitung, ob ein Carve-out den Unternehmenswert steigert oder Wert vernichtet.
Gerade im Mittelstand sind Carve-outs oft ein „blinder Fleck“. Strukturen sind über Jahre gewachsen, Shared Services und IT-Landschaften sind tief verflochten. Wird hier zu spät gehandelt, kostet das Zeit, Geld und Vertrauen. Wird dagegen systematisch vorbereitet, kann ein Carve-out den Unterschied machen – im Exit, in der Due Diligence und in der Equity Story.
Warum Exit-Readiness über den Erfolg entscheidet
Private Equity investiert mit einem klaren Ziel: Wertsteigerung innerhalb eines definierten Zeitraums. Exit-Readiness bedeutet, dass ein Unternehmen jederzeit verkaufsfähig ist – operativ unabhängig, finanziell transparent und kulturell stabil.
Carve-outs spielen dabei eine zentrale Rolle:
– Eigenständigkeit herstellen – kein Käufer akzeptiert Abhängigkeiten in kritischen Prozessen.
– Synergien ermöglichen – klare Strukturen schaffen Vertrauen in die Equity Story.
– Transaktionssicherheit erhöhen – je weniger Unsicherheiten, desto geringer der Risikoabschlag.
Kurz gesagt: Wer Carve-outs nicht vorbereitet, zahlt am Ende den Preis – sei es in der Due Diligence oder im Kaufpreis.
Typische Schwachstellen im Mittelstand
In mittelständischen Unternehmen sehe ich immer wieder dieselben Muster:
1. IT-Abhängigkeiten – gewachsene Systeme ohne klare Trennung.
2. Shared Services – Personal, Finanzen oder Einkauf sind zentralisiert und nicht sauber dokumentiert.
3. Vertragsverflechtungen – Kunden- oder Lieferantenverträge laufen auf die Muttergesellschaft.
4. Kulturelle Abhängigkeiten – Mitarbeiter fühlen sich der Muttergesellschaft zugehörig, nicht der Einheit.
Diese Faktoren machen eine Transaktion schwer kalkulierbar. Investoren reagieren mit Zurückhaltung – oder Preisabschlägen.
In der Praxis empfehle ich deshalb, Schwachstellen früh systematisch zu identifizieren – idealerweise bereits 12–18 Monate vor einem geplanten Exit.
Strategische Planung: Die kritischen 12–18 Monate
Carve-outs sind kein „Projekt nebenbei“. Sie verlangen klare Planung:
– Phase 1 (0–6 Monate): Analyse und Zielbild
– Identifikation aller Abhängigkeiten
– Definition des „Standalone Operating Models“
– Phase 2 (6–12 Monate): Trennung und Aufbau
– Aufbau eigener IT, HR, Finance-Strukturen
– Kommunikation an Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter
– Phase 3 (12–18 Monate): Stabilisierung
– Testbetrieb neuer Systeme
– Monitoring der KPI-Entwicklung
– Vorbereitung der Due Diligence
Wichtig: Ein realistischer Zeitplan nimmt Druck heraus und stärkt die Glaubwürdigkeit bei Investoren.
Operative Trennung in der Praxis
In der operativen Umsetzung erlebe ich vier besonders kritische Bereiche:
1. IT-Systeme – ERP, HR, Finance, oft tief verflochten. Lösung: Aufbau separater Systeme oder Service-Verträge mit klarer Laufzeit.
2. Shared Services – HR, Payroll, Controlling. Lösung: Clean Teams definieren, Übergangsregelungen klar festlegen.
3. Personal – Mitarbeiterbindung sichern, klare Kommunikation zur Zukunftsperspektive.
4. Verträge – Lieferanten und Kunden frühzeitig in den Prozess einbinden, Risiken klar verhandeln.
Praxisbeispiel: In einem Industrieunternehmen habe ich empfohlen, den Carve-out parallel mit einem klar definierten „Separation Management Office“ zu steuern. Das reduzierte Reibungsverluste und stellte sicher, dass IT und HR rechtzeitig einsatzbereit waren.
Value Creation durch Clean Separation
Ein sauberer Carve-out steigert den Unternehmenswert, weil er drei Dinge sicherstellt:
– Schnelle Integration für Käufer – weniger Reibungsverluste beim Post-Merger.
– Glaubwürdige Equity Story – Käufer sehen eine klare Wachstums- und Stabilitätsbasis.
– Reduzierte Risikoabschläge – Unsicherheiten in der Due Diligence werden minimiert.
Auf den Punkt gebracht: Exit-Readiness heißt, dem Käufer die Arbeit abzunehmen – und dadurch den Preis zu maximieren.
KPIs und Erfolgsmessung bei Carve-outs
Carve-outs sind messbar. Typische KPI-Kategorien:
– Operativ: Stabilität von IT- und HR-Prozessen nach Trennung
– Finanziell: Transparente P&L für die ausgegliederte Einheit
– Mitarbeiter: Fluktuation und Bindung der Schlüsselkräfte
– Kunden: Stabilität von Umsatz und Kundenzufriedenheit
– Zeit: Einhaltung des Separation- und Exit-Zeitplans
Diese KPIs bilden die Grundlage für ein faktenbasiertes Steering – und schaffen Vertrauen bei Investoren.
Exit-Optimierung: Due Diligence & Marktpositionierung
Ein Carve-out zahlt direkt auf die Exit-Story ein.
– Due Diligence-fähig – Käufer finden klare Strukturen und belastbare Zahlen.
– Equity Story stärken – Wachstumsoptionen werden sichtbar, Risiken adressiert.
– Marktpositionierung verbessern – ein fokussiertes Unternehmen hat oft mehr Marktattraktivität.
Christoph Jores, Interim Manager M&A, hat in zahlreichen Projekten gesehen: Eine klare Carve-out-Story verkürzt den Verkaufsprozess und stärkt die Verhandlungsposition.
Checkliste für erfolgreiche Carve-outs
1. Frühzeitige Analyse aller Abhängigkeiten
2. Definition eines Standalone Operating Models
3. Klare Projektgovernance (Separation Management Office)
4. Mitarbeiterbindung und -kommunikation
5. Saubere Vertrags- und IT-Trennung
6. KPI-basiertes Monitoring
7. Equity Story für Investoren entwickeln
Fazit & Handlungsimpuls
Carve-outs sind komplex – aber richtig gesteuert einer der stärksten Werttreiber für Private Equity. Entscheidend sind frühe Planung, klare Governance und messbare Ergebnisse.
Ich empfehle meinen Kunden, Carve-outs nicht erst bei Transaktionsdruck anzugehen, sondern 12–18 Monate vor einem geplanten Exit systematisch vorzubereiten.
Handlungsimpuls: Wenn Sie aktuell über einen Exit oder eine Ausgliederung nachdenken, starten Sie jetzt mit einer Kultur- und Strukturanalyse. Der Wertzuwachs im Exit wird es Ihnen danken.
Häufige Fragen aus der Praxis (FAQ)
1. Was versteht man unter Exit-Readiness?
Exit-Readiness bedeutet, dass ein Unternehmen jederzeit verkaufsfähig ist – operativ unabhängig, finanziell transparent und organisatorisch stabil.
2. Wie lange dauert ein Carve-out?
In der Praxis zwischen 12 und 18 Monaten, abhängig von Größe und IT-Komplexität.
3. Welche KPIs sind bei Carve-outs entscheidend?
Operative Stabilität, finanzielle Transparenz, Mitarbeiterbindung, Kundenzufriedenheit und Einhaltung des Zeitplans.
4. Was ist das größte Risiko bei Carve-outs?
Unterschätzte Abhängigkeiten in IT und Shared Services – sie kosten Zeit und Geld.
5. Wie wirkt sich ein Carve-out auf die Equity Story aus?
Ein sauberer Carve-out erhöht Glaubwürdigkeit und reduziert Risikoabschläge in der Due Diligence.
6. Was sollten Mittelständler besonders beachten?
Mitarbeiterbindung. Ohne klare Kommunikation entstehen Unsicherheit und Fluktuation.
7. Wie unterstützt ein Interim Manager den Prozess?
Durch unabhängige Steuerung, klare Governance und Erfahrung aus vergleichbaren Projekten.
Relevante Studien und weiterführende Literatur
Für vertiefte Einblicke in aktuelle Entwicklungen und Best Practices im Bereich Private Equity und Carve-outs empfehle ich die folgenden Studien renommierter Institutionen:
Harvard https://www.hbs.edu/faculty/Pages/item.aspx?num=59566
BCG https://www.bcg.com/publications/2014/dont-miss-the-exit
Pwc https://www.pwc.de/de/deals/separation-and-integration/ddv-exit-readiness-accelerator.html
Alvarez & Marsal https://www.alvarezandmarsal.com/insights/carve-out-lessons-private-equity-investors